Molli-Maß: 900 mm

Impressionen vom Molli

Vom 30. Mai bis 9. Juni 2007 verkehrt der/die/das Molli nicht. 

Weil - dampferzeugende Ungetüme passen nicht in das Sicherheitskonzept des Treffens von acht Leuten. Warum müssen die sich aber als Tummelplatz ausgerechnet einen Ort aussuchen, an dem sonst Familien mit Kindern Natur, Nostalgie und urige Technik erleben?

Wahrscheinlich die Einzigen, die sich richtig freuen, sind die Besitzer des Kempinski - die haben endlich ihren lang erträumten Zaun ums Hotel bekommen... 

Für Freunde der Schmalspurbahn zählt etwas anderes: Molli, die betagte 121-jährige, möge den Streß und das Fahrverbot unbeschadet überstehen!

Bad Doberan-Heiligendamm-Kühlungsborn West

 

Der, die oder das Molli bewegt sich nahe der Ostseeküste auf Gleisen mit der seltenen Spurweite von 900 mm.

Molli ist die erste Schmalspurbahn im Norden Mecklenburgs, sie fährt seit 1886 und damit 9 Jahre früher als der rasende Roland von der Insel Rügen.

 


 Der Bahnhof erstrahlt an seinem Geburtstag in frischem Weiß.
Er steht im Mittelpunkt und nicht die Lok!

"Am 9. Juli 2004 ist Bahnhofsfest im Bahnhof Heiligendamm!" - so verkündeten es die diversen Urlaubs- und Molli-Prospekte. Für von Eisenbahnfesten und -festivals verwöhnte Eisenbahnliebhaber aus dem Erzgebirge stand fest, dieses Highlight an der Ostsee dürfen wir uns nicht entgehen lassen. 

Am 9. Juli 2004 standen wir also auf dem Bahnhof des 1793 vom Rostocker  Dr. Samuel Gottlieb Vogel gegründeten ersten deutschen Seebades. 

Außer leeren Bahnsteigen und vielen Handwerkern, die den Vorplatz und die Bahnhofsgaststätte bearbeiteten, 
                                           NICHTS
Keine Musik, kein Festzelt, keine Führerstandsmitfahrten, kein Nostalgiezug, keine Menschenmassen...

Die Nachfrage im neuen Servicepoint der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli GmbH und Co. KG ergab, daß der Bahnhof Geburtstag feiert und dies sei denn das Fest.

Das wiederum versetzte uns in Erstaunen, denn in der Standardliteratur des DDR-Schmalspurbahners "Links und rechts der kleinen Bahnen" steht, daß die Doberan-Heiligendammer Eisenbahn am 19. Juli 1886 den Zugbetrieb auf der 6,6 km langen Strecke aufnahm.

Nachdem wir eine Weile überlegt hatten, ob vielleicht heute in Heiligendamm noch der Kalender gültig ist, der mit Einführung des Gregorianischen Kalenders 1582 in weiten Teilen der Welt abgelöst wurde, haben wir uns doch für die Variante "Druckfehler" in unserer alten Broschüre entschieden.

Obwohl... 
So mancher Bewohner des Kempinski Grand Hotel in Heiligendamm machte auf uns den Eindruck, als käme er aus alten, vorgregorianischen Zeiten... 

Übrigens, der kürzeste und schönste Weg vom Bahnhof zur Ostsee geht unmittelbar am Kempinski vorbei! 
Niemals in Heiligendamm den vielen großen Wegweisern folgen, sie beschreiben den Umweg! 


Heiligendamm ist der einzige Kreuzungsbahnhof der Strecke. 
Das unterschiedliche Wagenmaterial ist meistens "Original-Molli".


Noch einmal: der Bahnhof glänzt trotz Regenschauer,
 er ist das Tor zur "Weißen Stadt am Meer".


Auf dem "Heiligen Damm" kurz vor Börgerende ist ein einmaliges Flächennaturdenkmal zu bewundern. Hier wächst Meerkohl. 


Überall Handwerker! Kreischende Sägen übertönen die Auspuffschläge der Dampflok auf meinem Videofilm! Das einzige Positve daran: der Bahnhof hat eine schöne kleine gemütliche Kneipe erhalten!

1910 wurde die Strecke nach Verlegung des Bahnhofs Heiligendamm über Fulgen, Brunshaupten (heute Kühlungsborn Ost) nach Arendsee (heute Kühlungsborn West) verlängert.

Jetzt war die Strecke 15,4 km lang und hatte sich ihren Namen "Bäderbahn" zu recht verdient. Unweit der Steilküste und in Sichtweite des Yachthafens und der Seebrücke von Kühlungsborn verläuft sie.

Wer mehr über die Geschichte der Bahn   wissen möchte, hier gibt es Literatur:


Vertreter der beiden Baureihen 99.32 und 99.33 stehen nebeneinander: 
unter Dampf die Ältere, abgestellt für immer die Jüngere.

Nachdem anfangs "Trambahnlokomotiven" im Einsatz waren baute Krauss/München 1891/1898 dreifach gekuppelte Lokomotiven für diese Strecke. Es folgten 1910/1914 drei mecklenburgische T7 (spätere BR 99.30, eingesetzt bis 1932).  1923/24 kamen von Henschel/Kassel drei Dn2t-Lokomotiven (BR 99.31), die teilweise bis 1961 im Einsatz waren.

1932 wurden die drei auch heute noch im Einsatz befindlichen 1'D1'h2t-Lokomotiven der Baureihe 99.32 gebaut. 

Mit 1100 mm Treibraddurchmesser erreichen sie eine für Schmalspurbahnen enorme Geschwindigkeit von 50 km/h, sehen dafür aber eigentlich nicht wie Schmalspurlokomotiven aus. Der IV-K-gewohnte Blick ist etwas irritiert!

Sind die Lokomotiven der BR 99.32 nicht der BR 86 etwas ähnlich?


Kühlungsborn  West, 99 2323-6 am Wasserkran. 

Drei 1950/51 im VEB Lokomotivbau "Karl Marx" Babelsberg gebaute Dh2t-Lokomotiven kamen 1961 von den Werkbahnen der SDAG Wismut an die Ostseeküste und nach einigen Umbauten als Baureihe 99.33 zum Einsatz. 

99 331 (99 2331-9) ist heute noch Reservelok.

99 333 wurde bereits 1969 ausgemustert und die seit 1996 nicht mehr betriebsfähige 99 332 steht im Freigelände vor dem kleinen Molli-Museum.


Die abgestellte 99 332 vor den Exponaten des Molli-Museums.

Das Molli-Museum wird ebenso wie eine Reihe historischer Fahrzeuge aus den Jahren 1886 bis 1927 vom Verein zur Traditionspflege des Molli e.V. betreut. Ebenso betreut und gepflegt wird der Traditionszug der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli GmbH und Co. KG.


99 2321-0 am neuen Haltepunkt Stadtmitte am Anfang der Mollistraße. 

Eine Besonderheit dieser Schmalspurstrecke ist die Stadtdurchfahrt in Bad Doberan. Wenn der Zug vom Bahnhof kommend den verkehrsreichen Platz an der Bundesstraße 105 überquert hat beginnt die Fahrt mit ununterbrochenem Läuten durch die enge Straße. Fahrradfahrer, Fußgänger, parkende Autos verlangen dem Lokführer alles ab. 

Nach dem Haltepunkt Goethestraße nimmt der Zug Fahrt auf, vorbei am Ehm-Welk-Haus geht es die Chaussee nach Heiligendamm entlang.


Vom Ortsausgang Heiligendamm (9 m über NN) kämpft sich Molli den Anstieg zum Haltepunkt Rennbahn (23 m über NN) hinauf.

Nahezu 5 km fährt der Zug zwischen Heiligendamm und Ortseingang Bad Doberan längs einer der schönsten und ältesten Lindenalleen. Hier entfaltet der Zug seine volle Geschwindigkeit. 

Am Streckenkilometer 3,8 befindet sich der Haltepunkt Rennbahn, der 1948 stillgelegt wurde. Mit der Wiedereröffnung der ältesten Galopprennbahn Kontinentaleuropas im August 1993 wurde er wieder eingerichtet.

Ein Spaziergang längs der Strecke an der Lindenallee ist empfehlenswert

Während unseres Aufenthaltes im Umfeld des Molli haben wir nur 99 2323-6 und 99 2321-0 vor den Zügen erlebt. 

Auf dem Bahnhof Bad Doberan lagerte auf Transportwagen ein abgedeckter Lokrahmen. Zu welcher Lok gehört der? 
99 2322-8? 99 2331-9? Oder?

Näher ran gehen und untersuchen ging aus Zeitgründen nicht, außerdem beachte man die enormen Sicherungsmaßnahmen im Schwellenbereich! 


Supersicherung oder war nur kein Hemmschuh zur Hand?

 

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letzte Änderung:  19.07.202320.06.23 freeze